Hamburg City Graffiti 
 BUCHDOKUMENTATION VON 2003
     ÜBER WRITING IN HAMBURG


"Hamburg hat seitden frühen 80er Jahren alles erlebt, was
Graffiti zu bieten hat. Im Guten wie im Schlechten - egal von
welcher Seite betrachtet. Kaum eine Stadt eignet sich besser,
das Phänomen Graffiti unter die Lupe zu nehmen. Das Buch
transportiert dieselben Konflikte und Spannungen, die Graffiti
fast 20 Jahre begleiten und angetrieben haben. Der Leser findet
sich in diesem Buch wieder - ganz egal, ob er selber sprüht,
Kinder hat die Sprühen oder schon einmal morgens in einen
bemalten Zug eingestiegen ist. Ist Graffiti Kunst? Sind
Sprüher Kriminelle? Warum machen die das eigentlich? Das
Buch gibt viele Antworten - die aber alle einen gemeinsamen
Nenner haben: Graffiti ist mit das Spannendste was Jugendkultur
in den letzten Jahren zu bieten hatte!"  --  by Milk



WiseUp: Wie viele Leute waren eigentlich an der Erstellung des Buches beteiligt?
Steffen: Im Endeffekt zwei Grafiker und ich. Wir haben die redaktionellen Aufgaben übernommen, wie Interviews führen und Texte schreiben. Darüber hinaus waren noch andere Leute beteiligt, die uns geholfen haben.

Bei Under Pressure hing lange Zeit auch ein Kasten, damit Leute dort ihre Fotos für das Buch hineinwerfen konnten. Wie lang habt ihr das gemacht?
Die Idee das wir ein Buch über Graffiti in Hamburg machen wollen ist so ziemlich genau vor zwei Jahren entstanden und der Kasten hing da bestimmt seit anderthalb Jahren. Wir haben viele Leute angesprochen und uns ein Konzept überlegt, ein Probelayout gemacht und dann hat das natürlich gedauert bis wir genug Fotos hatten und bis wir wussten was wir genau wollen. Kompliziert war es dann auch einen Verlag zu finden, mit dem man sich über alles einig wird.



Die Leute die bezüglich der Fotos im Buch erwähnt werden sind aber nicht alle, oder?
Wir haben das auf drei Wegen gemacht: zum einen sind wir gezielt losgegangen und haben selber fotografiert, dann haben wir mit diesen Kästen Fotos gesammelt, so dass auch Leute, die wir nicht kennen, was abgeben konnten und natürlich auch damit sie das anonym abgeben konnten und drittens natürlich auch über persönliche Kontakte. Die Namen, die hinten im Impressum erwähnt werden, das sind professionelle Fotografen, die wir kennen, und die uns unterstützt haben. Die haben beispielsweise auch das Cover Bild geschossen.

Wie genau wurde denn die Idee zu dem Buch geboren?
Die Idee war: wir finden Graffiti geil, wir sind alle Hamburger und es gab bisher unserer Meinung nach kein Buch, was das vernünftig präsentiert hat. Es gab von Schwarzkopf & Schwarzkopf mal diese Graffiti-Reihe, in der Hamburg auch mit aufgetaucht ist. Aber der Unterschied zu uns ist, dass unser Verlag - der Publikat Verlag - bei uns nicht das Gestalterische übernommen hat. Wir haben bei unserem Buch alles selbst gemacht: fotografiert, die Bilder gescannt, gelayoutet, die Texte Korrektur lesen lassen, ... so dass der Verlag das schon fertige Buch bekommen hat und damit auch zufrieden war, so dass bei dem Buch kein Außenstehender reingepfuscht hat. Wir standen dem Publikat Verlag auch positiv gegenüber, da über sie auch StyleFile veröffentlicht wird.

  

Wieso kam es zu einer Zusammenarbeit mit Montana?
Es wäre schwierig gewesen alles allein zu machen und keine Fremdgelder anzunehmen. Uns war das Produkt wichtig, also ein Buch zu machen, das ein Hardcover hat, das eine vernünftige Bindung hat und das trotzdem nicht 40 Euro kostet. Da mussten wir abwägen wie viel Unterstützung wir von Außen annehmen, um unser Projekt so umzusetzen, das es uns am Ende gefällt. Daher die Zusammenarbeit mit Montana.

In dem Buch sind verschiedene Interviews, z.B. mit einem Jugendrichter oder mit einem Rechtsanwalt. Dort werden ja auch nützliche Tipps gegeben für Leute, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten könnten....
Uns ging es dabei vor allem darum auch mal die Perspektive zu wechseln und Leute zu Wort kommen zu lassen, die nicht selber sprühen. Im Endeffekt war selbst der Jugendrichter nicht völlig dagegen, was uns sehr überrascht hat auch wenn wir da wohl einen erwischt haben, der recht liberal ist. Ich hätte es auch spannend gefunden, jemanden zu interviewen, der Graffiti völlig scheiße findet, aber das hat nun nicht geklappt. Von der Polizei oder SoKo wollten wir keinen interviewen, weil die sicher nicht so viel zur Sache gesagt hätten, sondern nur ihren Standpunkt hätten durchdrücken wollen. Bei dem Jugendrichter und dem Anwalt kommt hinzu, dass sie inhaltlich viel Ahnung haben - auch von diesen ganzen straf- und zivilrechtlichen Geschichten und natürlich ist es auch wichtig, das den Lesern zu vermitteln.

       

Gibt es Deiner Meinung nach so etwas wie eine Sprüher-Ethik?
Es gibt so viele Leute die das mal ausprobieren und die sich an gar nix halten, keine Ahnung davon haben usw. Von daher kann man nicht verallgemeinernt von „den Sprühern“ reden. Aber es lassen sich schon gewissen Regeln beobachten. Ich sehe zum Beispiel selten, dass irgendwelche Privatautos angesprüht werden, aber das passiert eben auch und da kann ich nicht sagen, das ist richtig oder das ist falsch.

Ihr habt Street Art ein eigenes Kapitel gewidmet. Wie stehst du persönlich zu dem Thema?
Ich hab damit persönlich nicht so viel zu tun, finds aber trotzdem spannend und interessant. Es gab schon Leute die meinten, das hätte in einem Graffiti Buch nichts zu suchen, aber wir haben dem trotzdem ein kleines Kapitel gewidmet. Jedem kann man sowieso nicht gerecht werden.



Nach welchen Kriterien habt ihr die Fotos für das Buch ausgewählt?
Ganz klassisch nach der Qualität des Bildes an sich und wir haben natürlich auch drauf geachtet wen wir wichtig finden in Hamburg und dann ging es uns auch darum, dass die Fotos was Spannendes hergeben. Beispielsweise, dass Züge auch mal von der Seite zu sehen sind und die Umgebung mit abgelichtet ist.

Warum ist es so schwierig, über Graffiti zu reden?
Es ist an sich nicht schwierig über Graffiti zu reden. Es ist schwierig etwas zu sagen, das allgemeingültig ist, weil sich die Leute ja nicht mal darüber einig sind, was zu Graffiti gehört. Real, nicht real, legal, illegal, .... also ich kann über meine Position stundenlang mit Leuten diskutieren, aber ich stell mich nicht auf den Standpunkt, das ich weiß, was Graffiti in Hamburg bedeutet, nur weil ich dieses Buch gemacht habe. Wie wollten soweit wie möglich zeigen, was es gibt. Und die Leute kommen auch selbst zu Wort, aber ich bewerte diese Statements nicht.

     

Gibt es denn ein paar Bilder in dem Buch die dir besonders am Herzen liegen?
Massenweise (lacht). Gerade bei dem ersten Kapitel, dem Oldschool-Kapitel, in dem wir die Anfänge von Graffiti in Hamburg darstellen. Da gibt’s auch Raritäten, bei denen wir stolz sind, die bekommen zu haben. Das sind Bilder, an die sich auch noch viele erinnern können und die für Graffiti in Hamburg quasi auch historische Bedeutung haben.

Das Buch hat 170 Seiten, Hardcover und kostet 20 Euro.

www.typeholics.de
www.stylefile.de
www.mika-photography.de

Interview Beaware 2003
Transkribiert und gekürzt von Sabrina 2005
Fotos: HH City Graffiti